Freifunk – Die Idee von Freiheit

Vorgeschichte

Montag Abend haben wir beim Treffen zusammen gesessen und überlegt, wie wir Euch richtig schön in den April schicken können. Dabei herausgekommen ist dieser Text. Beim Schreiben haben wir uns überlegt, wofür Freifunk steht und wie man diese Grundsätze ins Gegenteil verkehren kann. Dies wollen wir zum Anlass nehmen, um die Idee von Freiheit und Freifunk noch einmal etwas anders zu beleuchten.

Freifunk-IDs

Am Dienstag, den 1. April wurde der Artikel pünktlich morgens um 8:00 freigeschaltet. Darin haben wir angekündigt, zur Entlastung des Netzes sog. „Freifunk-IDs“ einzuführen. Mit diesen sollten sich die Nutzer gegenüber dem Netz identifizieren. Nutzer ohne eine solche ID sollten auf 30 Minuten Netznutzung pro Tag beschränkt werden. Zur Krönung sollte diese ID nur für Knotenbetreiber kostenfrei sein.

Im Laufe des Vormittags trudelten dann die ersten Kommentare ein. Diese waren lustig gemeint und die Authoren hatten unseren Scherz als solchen durchschaut. Es sind sogar andere Communities, wie Lüneburg oder Kiel auf unseren Zug mit aufgesprungen und haben selber die Idee übernommen. Später kamen dann per Chat Berichte von den ersten, die uns auf den Leim gegangen sind und besorgt oder empört waren. Manche wollten sogar ihre Router abbauen und die Community verlassen. Diese Reaktionen zeigen, wie wichtig Euch Freifunk ist.

Freifunk bedeutet Freiheit

Auch wenn es im Artikel so geklungen haben mag, nehmen wir freie Kommuniktion nicht auf die leichte Schulter. Freifunk bedeutet mehr als nur kostenlosen Internetzugang und das ist uns allen bewusst: Es geht um digitale Teilhabe, freien Zugang zu Wissen, Austausch untereinander, Vernetzung und nicht zuletzt um Freiheit. Der Namensbestandteil „Frei“ sagt es ja bereits.

Freiheit bedeutet dabei aber nicht automatisch, alles tun und lassen zu können, was einem gefällt. Vielmehr gilt es dabei, auf die Freiheit der anderen Rücksicht zu nehmen. Aus diesem Grund würden wir z. B. nie absichtlich Personen überwachbar machen, wo es sich verhindern lässt. Somit ist eine ernsthafte Einführung von individuellen „Freifunk-IDs“ undenkbar.

Die digitale Teilhabe stellt einen anderen Aspekt der Freiheit dar. Wer heute nicht die Möglichkeit hat, auf das Wissen, Kommunikationsmittel und nicht zuletzt das Internet zuzugreifen, wird mehr und mehr vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Wie stark die digitale Welt unser Leben und den Alltag prägt, merkt ihr sicher täglich. Wird der Zugang insgesamt oder in Teilen beschränkt (wie z. B. jüngst in der Türkei), so bedeutet dies einen massiven Einschnitt in die Möglichkeit, sich auszutauschen, sich zu Informieren und somit in die Freiheit jedes einzelnen.

Viele Unternehmen und Politiker haben dies noch nicht begriffen oder wollen unser aller Freiheit ihren eigenen Zielen (Gewinn, Macht, scheinbarer Sicherheit, …) unterordnen. Bekannte Beispiele hierfür sind u.a. die Überwachung durch Geheimdienste, Zensur, das Ausanalysieren von Nutzern zu Werbezwecken, der Handel mit Adressdaten oder die Drosselung von Internet-Zugängen.

Weniger bewusst hingegen ist vielen sicherlich, dass Telekommunikationsanbieter „freie“ WLAN-Zugänge nicht aus Selbstlosigkeit bereitstellen, sondern klar kalkulierte Gewinnabsichten verfolgen. So muss man sich bei den meisten „freien“ Hotspots z. B. registrieren, wodurch man wertvolle Daten preisgibt (wo wähle ich mich wann ein und was mache ich im Netz). Außerdem kann man so leichter mit Werbung versorgt werden und ggf. auch einen Premium-Account verkauft bekommen.

Dann wieder wird Nutzern ein freier Internet-Zugang versprochen, dieser aber zeitlich oder im Funktionsumfang limitiert. Der Telekommunikationsanbieter entscheidet dann, was man wie lange tun darf und was man lieber lassen sollte. Typisch ist z.B. die Beschränkung auf eine Stunde oder gar 30 Minuten pro Tag. Dabei bleibt dann aber unberücksichtigt, dass sich manche Leute keinen eingenen Anschluss leisten können und solche „freien“ Zugänge der einzige Weg sind, mit Freunden zu schreiben oder sich über aktuelle Ereignisse in der Welt zu informieren.

Um diese Freiheiten nicht kommerziellen oder politischen Zielen opfern zu müssen, beteiligen sich viele Menschen bei Freifunk. Das Ziel ist es, auf diese Weise die Freiheiten jedes einzelnen sicherzustellen.

Freifunk bleibt frei!

Würden wir die Freiheiten, die unser aller Netz bietet, einschränken, dann wäre es kein Freifunknetz mehr. Daher wollen wir keine Überwachung im Freifunknetz installieren, den Zugriff nicht beschränken und niemanden ausschließen. Im Gegenteil: Wir wollen allen ermöglichen, mitzumachen und sich einzubringen. Daher wollen wir kein hermetisch abgeschottetes „Freifunk Hamburg Team“, sondern offene Treffen und offene Strukturen.

Ihr alle seid eingeladen, zu den Treffen zu kommen, euch einzubringen und Freifunk mitzugestalten. Das muss nicht technisch passieren, sondern kann auf vielfältige Art und Weise geschehen: Diskutiert mit uns, schreibt Anleitungen, macht Öffentlichkeitsarbeit, macht kulturelle Aktionen rund um oder im Freifunk, bindet Freifunk in Veranstaltungen ein, nutzt das Netzt, stellt eigene Inhalte bereit und ganz wichtig: Wenn wir doch mal den Fokus verlieren sollten, sagt es uns und versucht mit uns Lösungen zu finden.

Danke!

 

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Alexander

    Den Aprilscherz fand ich persönlich sehr amüsant und eigentlich auch recht einfach zu durchschauen.

    Was den „Insider“ Aspekt angeht: für Leute, die selten oder gar nicht zu den Treffen kommen, wären evtl. mehr kurze Updates auf der Mailingliste/Blog hilfreich (zumindest, wenn „wichtige Dinge“ passiert sind).

    (Fiel mir auch gerade auf: die Suche nach Standbesatzung für die Altonale wurde auf der Mailingliste gepostet, aber nicht auf dem Blog.)

  2. Bernd

    Wenn man Aprilscherze erklären muss…

  3. Patrick

    Ich habe tatsächlich leise gelacht, als ich die Mail gelesen habe. Das war eigentlich auch ohne „Insiderwissen“ klar zu durchschauen.
    Schlimm, dass man sich wieder erklären muss. Wobei ich mich frage, wenn das auch bei allen anderen Aprilscherzen, die so in den Medien kursierten, ist, ob nicht jedes Jahr sehr viele Menschen mit Panikzuständen durch den 1. April irren, weil sie irgendwas gelesen haben…
    Arme Schweine. 🙁

  4. Bayer

    Hi!

    Ich finde euren Text total super und würde den gerne auf hamburg.ccc.de wiedergeben.
    Hättet ihr was dagegen?

    Gruß,
    Bayer

  5. baldo

    Hallo Bayer,

    du kannst den Text sehr gerne Verwenden. Steht ja auch alles unter CC BY-SA 3.0 hier. 🙂

    Gruß,
    baldo

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